Das Restaurant Per Se in New York ist nichts weniger als eine kulinarische Institution von Weltrang. Sein Spiritus Rector ist Spitzenkoch Thomas Keller. Der 62jährige Keller steht als Koch in der Tradition der klassischen französischen Küche. Von diesem Stil weicht er in seinen Restaurants “The French Laundry” im kalifornischen Napa Valley und eben im “Per Se” in New York um keinen Millimeter ab. Das Ergebnis: Jeweils drei Michelin-Sterne, also die höchste Auszeichnung, die der Gastronomieführer zu vergeben hat.
Mich hat natürlich interessiert: Was bekommt man als Gast von diesen hohen Weihen mit, wie ist die “Dining Experience” im Vergleich mit Drei-Sterne-Häusern in Deutschland (ich denke da etwa an das “Überfahrt” in Rottach-Egern, in dem ich einmal gegessen habe) oder sogar zu den großen französischen Vorbildern (ich durfte zweimal in der “Auberge de´l Ill” in Illhaeusern essen).
Nun, zunächst fällt auf: die Amerikaner sind deutlich förmlicher, als es in Europa heute üblich ist. Bei Per Se gilt: “Jacket Required”, das Jackett ist also Pflicht. Am Tisch lockert sich dann die Atmosphäre gottseidank sehr schnell auf, es entwickelt sich eine lockere Plauderei mit dem ebenso kompetenten wie freundlichen Service. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle, das – anders in vielen anderen Sternerestaurants – beliebige Änderungen an den Menüs möglich waren. Man konnte auch die Gänge des “normalen” und des lobenswerterweise ebenfalls angebotenen vegetarischen Menüs wild miteinander kombinieren. Das erfordert sehr viel Aufwand in der Küche und ich finde das einen prima Service – auch wenn man natürlich dagegen das Argument anführen kann, dass sich der Koch ja schließlich bei der Zusammenstellung des Menüs etwas gedacht hat. An dieser Stelle sind die Amerikaner deutlich entspannter als die Europäer, die ich bisher kenne. Das Menü im “Per Se” wechselt übrigens jeden Tag – auch das ist eine echte Leistung, wenn man auf Drei-Sterne-Niveau kocht.
Ein großes Lob habe ich auch für die Sommelière, die ich vor eine kleine Herausforderung stellte: Ich wünschte mir, dass die Weinbegleitung zum Menü bitte ausschließlich aus amerikanischen Weinen bestehen möge – ich mache ja nicht eine Reise nach New York, um dann dort deutschen Riesling zu trinken. Die Dame war von meinem Wunsch hoch erfreut und setzte ihn ganz hervorragend um, und ich hatte viel Spaß mit den Weinen.
Aber kommen wir zur Hauptsache: Das Essen.
Wie gesagt: Die Küche im Per Se ist klassisch französisch inspiriert. Irgendwelchen Moden wie der Molekularküche oder sous-vide wird hier nur dann gefolgt, wenn die entsprechende Methode für ein perfektes Ergebnis unerläßlich ist. Aber die Hauptsache ist immer ein perfektes Produkt, das perfekt zubereitet wird. Das Ergebnis sind immer Gänge, die auf den ersten Blick ungeheuer einfach, fast simplizistisch wirken. Aber würde man versuchen, sie nachzukochen, würde man jämmerlich scheitern.
Dem Gast in einem Sternelokal ist natürlich zu recht völlig egal, ob man die Gerichte nachkochen kann. Entscheidend ist vielmehr das Geschmackserlebnis. Und das ist immer großartig. Schon bei den Grüßen aus der Küche war das festzustellen. Da gab es unter anderem ein “Signatur-Gericht” von Thomas Keller: Eine Art kleine Eiswaffeltüte, gefüllt mit einem Lachstatar. Ich weiß, das klingt nach nichts, aber es schmeckt einfach unglaublich gut und der Lachs schmilzt im Mund tatsächlich genau so, als wäre es Eiscreme.
Der erste “echte” Gang war ebenfalls ein klassischer “Keller”: Es handelte sich um “Oysters and Pearls”. Das sind sanft pochierte, butterweiche Austern mit Tapioka-Perlen und Kaviar; alles wird zusammengehalten von einer mehr als klassischen Sabayon. Auch dieses Gericht hat mich absolut begeistert – geschmacklich genauso wie von der Konsistenz her.
Und auf diesem Niveau ging es weiter. Ich will jetzt nicht die einzelnen Gänge lang und breit diskutieren. Es gab unter anderem: Salat von Palmenherzen aus Hawaii, Ein “Pavé” (also ein rechteckiges Stück) vom Ziegelbarsch, ein butterzartes Stück vom Hummer mit Feige und Rübe, eine Entenbrust mit Fenchel und Pistazien und ein “Colette de Boeur”, ein besonderes Stück vom Rind mit Bohnenragout.
Was ist das Fazit? Es war ein perfekter Abend in einem wunderschönen Restaurant mit einem grandiosen Blick auf den Central Park. Ich bin froh, dass ich das erlebt habe.