Onsen-Ei – das heißt auf Deutsch frei übersetzt “Heiße-Quelle-Ei”. Den die “Onsen”, das sind die traditionellen japanischen Bäder, die im Umfeld der zahlreichen heißen Quellen in Japan entstanden sind. Diese Onsen haben eine jahrhundertelange Tradition. Ebenso lange hat es Tradition, in dem praktischerweise vorhandenen heißen Wasser auch gleich die Eier zu garen. Das Wasser der Onsen ist aber nicht kochend heiß – sonst könnte man ja auch nicht drin baden. Die Temperaturen liegen in der Praxis genau in dem Bereich, in dem das Ei zwar nicht mehr roh, aber auch nicht nach westlichem Verständnis “gar”, also hart. Onsen-Ei hat deshalb eine wunderbare Konsistenz, die sich seit einigen Jahren auch in der europäischen Gourmetküche hie und da einschleicht.
Um Onsen-Ei selbst zu machen, braucht man leider etwas Equipment, denn es kommt dabei sehr auf die exakte Temperatur des Wassers an, in dem die Eier gegart werden. Um einen Sous-Vide-Temperierer kommt man also nicht herum. Gottseidank werden diese Temperierer immer günstiger, sodass die Anschaffung auch für Otto Normalverbraucher mittlerweile möglich ist.
In der Kochliteratur findet man verschiedene Temperaturen und Vorgehensweisen, die angeblich für Onsen-Ei die richtigen sind. Deshalb habe ich einfach mal zwei verschiedene ausprobiert.
Doch zuerst der obligatorische Hinweis: Niedrigtemperatur-Garen bewegt sich in einem Bereich, der hygienisch sehr anspruchsvoll ist. Denn: Ist das Gargut, in diesem Falle ein ei, nicht komplett und durch und durch auf der richtigen Temperatur, sondern nur ein paar Grad zu kalt, dann sprießen die Keime. Wegen der Salmonellen-Problematik ist das bei Eiern besonders gefährlich. Deshalb sollte man die Eier lieber eine halbe Stunde zu lang als ein paar Minuten zu kurz garen. Ganz Penible Leute (wie ich in diesem Falle einer bin) messen am ende mit einem Digitalthermometer nochmal nach, ob die Eier wirklich auch in der Mitte über 60° warm sind. Das ist das absolute Minimum, das erreicht werden muß. Jedes Grad weniger ist ein Gesundheitsrisiko. Und sauberes Arbeiten in der Küche sollte natürlich sowieso selbstverständlich sein.
Für meine Experimente habe ich zwei Zieltemperaturen ausgewählt, nämlich einmal 62° und einmal 65°. Es ist absolut erstaunlich, welchen Unterschied diese mickrigen drei Grad Celsius beim Onsen-Ei am Ende ausmachen. Aber der Reihe nach.
Wir heizen also unseren Sous-Vide-Temperierer auf 62 bzw. 65° vor. Wir warten, bis das Wassserbad auch wirklich diese Temperatur erreicht hat. Solange bleiben die Eier da, wo rohe Eier hingehören, nämlich im Kühlschrank. Dann legen wir die Eier ins Wasserbad. Wie lange sie da liegen müssen, dazu gehen die Meinungen auseinander. Ich lasse mein Onsen-Ei zur Sicherheit für zwei Stunden im Wasserbad. Dann kann ich eigentlich sicher sein, dass es auch in der Mitte die richtige Temperatur hat – sofern mein Temperierer hinreichend genau arbeitet.
Nach der Garzeit (die übrigens nach hinten raus flexibel ist: eine Stunde mehr macht auch keinen Unterschied…) kann man die Eier einfach mit der Schaumkelle aus dem Wasserbad nehmen. Ich schlage sie dann mit dem Rücken eines Messers rundherum auf und lasse sie vorsichtig in kleine Schüsselchen gleiten. Dazu gibts Salz, Pfeffer und eine mikroskopisch kleine Menge gehackten Schnittlauch – perfekt! Mein Favorit ist übrigens das bei 62° gegarte Ei. Es zeigt genau die für Onsen-Ei typische Kombination aus einem schon etwas plastisch gewordenen Eigelb, aber außenrum einem nur ganz leicht glasigen Eiweiß. Ein Gedicht!
Eier gehöhren nicht in den Kühlschank (Außer wenn es wirklich warm ist oder sie aus der Kühlung kommen).