Prowein Düsseldorf 2018

Prowein in Düsseldorf: Trinken für Profis

Ich muss zugeben: Es hat mich völlig erschlagen. Nachdem ich die Messe “Prowein” in den vergangenen Jahren immer etwas neidvoll beobachtet habe, sollte es dieses Jahr so weit sein: Ich wollte endlich mal selber hinfahren. Also liess ich mich noch im vergangenen Jahr akkreditieren, habe mir ein Zugticket gekauft und bin ganz früh losgefahren, um rechtzeitig auf der Messe zu sein.

Schon am Eingang kam dann die erste Herausforderung: Der kleine “same but different”-Bereich. In Anlehnung an eine vor allem in Thailand gerne praktizierte Verballhornung der Logik und des Englischen präsentierten sich hier allerlei hipsterige Jungmenschen mit ihren ebenso hipsterigen Produkten: Single Malt-Whiskey aus Schweden, Lakritzschnaps aus Deutschland, und dazu: Craft-Bier, Craft-Bier und Craft-Bier. Ich trinke ja selbst praktisch keinen Schnaps in irgendeiner Form. Und das Craft-Bier kann mir eigentlich auch gepflegt den Buckel runterrutschen. Schließlich liegt direkt vor meiner Haustür das oberfränkische Bier-Land mit hunderten von Brauereien, die eigentlich schon immer in ganz kleinem Maßstab und mit ganz viel Liebe Bier brauen – und aus diesem Geist ist die Craft-Bier-Bewegung schließlich erst entstanden.

Aber gut.

Weiter ging´s dann in die Halle mit der “neuen Welt”. Ich probierte sehr gute, wenn auch mitunter ziemlich schwere und ölige Weißweine aus Südafrika sowie ganz hervorragenden “Champagner” (er wird aus den gleichen Reben und nach demselben Verfahren hergestellt) aus dem gleichen Land von Graham Beck. Da war ich echt überrascht. Und dann blieb ich noch am Stand vom “Sake Kontor Berlin” mit seiner überaus sympathischen Besitzerin Susanne Rost-Aoki hängen. Sie erzählte mir viel über Sake und wie sich dessen verschiedene Qualitäten auseinander halten lassen. Ich durfte zwei verschiedene Sakes probieren aus einer Qualitätsstufe, die ich so noch nicht kannte. Wirklich ein großes Erlebnis.

Und schon ging´s wieder weiter in die nächste Halle der Prowein, in der sich Spanien und Portugal präsentierten. Ich probierte mich durch einige mittelprächtige Portugiesen und lernte dann per Zufall das Weingut Santalba im spanischen Rioja kennen. Es hat eine besondere Geschichte, denn es wird gleichzeitig geleitet von dem sehr sympathischen Roberte Ijalba Perez und seinem Vater. Das ist natürlich erstmal nichts besonderes, aber jetzt kommt´s: Vater und Sohn machen jeweils völlig unterschiedliche Weine. Vom Vater probierte ich einen ebenso guten wie klassischen Rioja, an dem es wirklich nichts auszusetzen gab. Dann aber kam der Wein des Sohnes, ein “Amaro” 2014, der wirklich alles andere als klassisch war. Hier werden die Reben vor dem Pressen erst einmal auf Strohmatten getrocknet. Dabei verlieren sie natürlich viel Flüssigkeit, aber gewinnen an Geschmack. Das Verfahren wird eigentlich eher in Italien verwendet als in Spanien. Der aus dieser wahnwitzigen Methode entstandene Wein ist nur wirklich alles andere als klassisch. Er war für mich ein Erlebnis: Die Trocknung der Trauben bringt ganz neue Geschmacksnuancen ins Getränk, die relativ hohe Restsüße von 6 g pro Liter fällt angesichts der Geschmacksfülle überhaupt nicht negativ auf – im Gegenteil: Erst dadurch wird der Wein erst so richtig “rund” und ein absolutes Trinkvergnügen. Alleine diese Entdeckung lohnte für mich schon den Besuch auf der Prowein.

Schnell durchschritt ich darauf die Frankreich-Halle auf der Prowein. Man kann nicht alles haben. Bei den deutschen Winzern schaute ich bei ein paar guten Bekannten vorbei, etwa beim Weingut Kruger Rumpf, das seit gefühlten Jahrmillionen ganz tolle Rieslinge macht, sowie den Weingütern Roth und Rainer Sauer in Franken. Der Auftritt des Verbands der deutschen Prädikatsweingüter (VDP) und überhaupt auch der Frankenweine zeigt meiner Meinung nach, wie viel sich beim deutschen und beim Frankenwein in den letzten 20 Jahren getan hat. Heute sind die Winzer (und natürlich die Weine) absolut auf der Höhe der Zeit, es gibt viele tolle Weine zu entdecken und ich habe das Gefühl, die Zukunft ist mehr als gesichert.

Den Abschluß meines Messebesuchs bildete dann noch eine kleine Verkostungsrunde am Österreich-Stand. Hier konnte man sich durch knappe 40 verschiedene Zweigelt- und Zweigelt-Cuvee-Varianten probieren. Dabei mußte ich leider feststellen, dass entweder der Zweigelt und ich keine Freunde mehr werden, oder aber die Österreicher im Unterschied zu immer mehr Winzern anderswo auf der Welt noch sehr viel Wert auf Fassreifung legen. Dabei gibt man einem Wein zwar die Illusion von Tiefgang, er wird dadurch jedoch nicht komplexer. Sowas ist nicht mein Fall. Das positive Gegenbeispiel aber war eine Zweigelt “Reserve” von Sepp Moser aus dem Burgenland. Ein wirklich eleganter, schöner Wein, bei dem ich mir am liebsten gleich die Flasche hätte geben lassen.

Das ging aber ja nun nicht. Irgendwie musste ich ja auch den Weg zurück zur U-Bahn-Haltestelle noch finden. Das gelang denn auch, und ich muss sagen: Der Besuch war zwar anstrengend – vor allem für meine Leber – aber er war auch extrem lehrreich und ich werde gerne wiederkommen zur Prowein.

primark

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