Das Restaurant Avus Ingolstadt befindet sich mitten in der “Audi-City” – also dort, wo der geneigte Audi-Käufer sich sein neues Gefährt abholen kann. Ein kleines Audi-Museum befindet sich ebenfalls vor Ort, zudem ein Selbstbedienungsrestaurant und eine Bar. Das “Avus” soll offensichtlich ein Hort des gehobenen Speisens sein. Sowas leisten sich (und subventionieren es teilweise heftig) auch andere Autohersteller, etwa VW mit seinem besternten Restaurant “Aqua” in der Wolfsburger “Autostadt”.
Die Ansprüche von Audi (bzw. der betreibenden Mövenpick-Kette) hängen offensichtlich ein gutes Stück niedriger. Nicht Sterneküche wird im “Avus” geboten, sondern eine zwar gehobene, aber lange nicht im Sterne-Bereich angesiedelte Küchenleistung, die dafür (das muss man der Fairness halber ebenfalls sagen) für deutlich kleineres Geld zu haben ist. Das Dreigangmenü am Abend ist für 39 Euro zu haben und damit wirklich nicht zu teuer. Dass das Restaurant an einem Freitagabend nur halb voll ist, spricht allerdings nicht unbedingt dafür, dass das Konzept erfolgreich ist und aufgeht.
Als allererstes fiel uns im “Avus” die wirklich ausgesprochen nette, dabei natürliche und zuvorkommende Bedienung auf. Das ist leider in Deutschland heutzutage immer noch kein Standard. Dass unsere Reservierung offenbar irgendwo verloren gegangen war, hatten wir dabei schnell vergessen. Wäre das Restaurant aber ausgebucht gewesen, hätten wir natürlich ein größeres Problem gehabt; das sollte eigentlich auf gar keinen Fall vorkommen.
Am Platz in dem modern eingerichteten Restaurant ging es dann weiter mit der Speisekarte und einem Aperitiv. Mein Sekt hatte leider blubbermässig schon bessere Tage gesehen. Sicherlich gibt es Sekte, die nicht so sehr moussieren wie andere, aber eigentlich war auch das nicht ok.
Als Menü wählte ich dann drei Gänge aus der recht umfangreichen Karte, bei der auch Vegetarier und Fischfreunde fündig werden. Zunächst sollte es eine Vorspeise mit zweierlei vom Hummer geben. Danach würde ein Hauptgang mit sous-vide gegartem Rindfleisch in Barolo folgen, sodann ein Dessert mit Preiselbeer-Parfait, Fichtennadel-Sirup und Panettone.
Doch zunächst kam erst einmal ein gar nicht so kleiner Gruß aus der Küche in Form einer Frischkäse- bzw. Ricotta-Torte, die mir persönlich ein bisschen zu mächtig war. Allerdings war sie ordentlich abgeschmeckt.
Die Hummer-Vorspeise war mit Hilfe eines Servierrings auf dem Teller in mehreren Schichten arrangiert worden und zunächst nett anzusehen. Obenauf lag für meinen Geschmack etwas zu viel Wakame. Die süßliche Meeresalge paßte zwar insgesamt gut ins Geschmacksbild, war aber einfach ein bißchen überdosiert. Darunter lag dann ein Tatar vom Hummer. Hier hätte ich mir glasig bzw. ganz knapp gegartes Fleisch gewünscht, es war jedoch durch und damit zwangsläufig faserig. Mein größtes Problem war jedoch die parterre platzierte “Hummer-Mousse”. Sie kam offensichtlich aus dem Gefrierschrank und war noch nicht ganz aufgetaut. Ihre Kälte pflanzte sich quasi durchs gesamte Gericht fort und verdarb mir letztlich doch ein bißchen den Spaß daran. Als ich auf Nachfrage der Bedienung, wie es denn geschmeckt habe, auf dieses Manko hinwies, tat sich jedoch Erstaunliches: Stehenden Fußes erschien der Küchenchef, um sich zu entschuldigen. Da war ich nun wieder äußerst positiv überrascht, das freundliche Auftreten überzeugte mich, und der als Ausgleich offerierte Espresso “aufs Haus” stimmte mich vollends versöhnlich. An alle Gastronomen in diesem Land: So, genau so geht man mit begründeten und freundlich vorgetragenen Kritikpunkten eines Gastes richtig um. Großes Lob dafür!
Der nun folgende Hauptgang war absolut ohne Fehl und Tadel: butterzartes Rindfleisch, schönes Gemüse mit reichlich Röstaromen. Die Bratwurst (“Salsiccia” ist ein etwas schöner klingendes italienisches Wort dafür) hätte ich persönlich gar nicht unbedingt gebraucht, sie paßte jedoch ganz gut zu dem Gericht.
Beim Dessert ging der Fichtennadel-Sirup, auf den ich mich schon so sehr gefreut hatte, leider ein wenig unter. Das Parfait aber war absolut ordentlich gemacht und der hausgemachte Panettone schlicht sensationell.
Insgesamt also hinterließ das Restaurant Avus Ingolstadt bei mir einen etwas zwiespältigen Eindruck: Einerseits der freundliche Service, der nette Küchenchef, das gute Hauptgericht und das zum Teil hervorragende Dessert. Andererseits der überlagerte Sekt, die schwache Vorspeise, die vergessene Reservierung. Ich finde es wirklich sehr schade, dass ich an einigen Punkten hier Kritik üben muß. Denn an anderer Stelle sieht man ja, dass im Restaurant Avus Ingolstadt durchaus kompetente Leute arbeiten, die ihr Handwerk verstehen. Diesen Leuten wünsche ich, dass sie die kleinen Schwächen abstellen können und in Zukunft damit noch mehr Erfolg haben.