Der/die/das “Fränkness” ist das neueste Projekt von Sterne- und Starkoch Alexander Herrmann in Nürnberg. Im vergangenen Jahr hatte der Erfolgsgastronom damit begonnen, ein altehrwürdiges Gebäude an Ecke Königsstraße/Luitpoldstraße in der Nürnberger Altstadt nach seinen Vorstellungen umbauen zu lassen. Das Gebäude liegt genau an der “Touristen-Rennstrecke” zwischen Hauptbahnhof und Christkindlesmarkt. Sicherlich war das Engagement an dieser 1a-Lage nicht ganz billig. Alexander Herrmann stellt sich der Fixkosten-Herausforderung, indem er ebenerdig hauptsächlich Snacks, Burger und Pizza anbietet – allerdings in ganz eigenen Varianten. Ein Stockwerk drüber gibt´s dann mit dem “Imperial” gehobenere Küche. Dort,, so hoffe ich, wird Herrmann an die wunderbare Küche in seinem Stammrestaurant “Herrmann´s Posthotel” im oberfränkischen Wirsberg anknüpfen.
Das Konzept kann nur funktionieren, wenn im Edelrestaurant die Preise hoch und die Tische besetzt sind, während im Erdgeschoss im ständigen Wechsel immer neue Gäste die Barhocker bevölkern und sich Brotpizza und Schweinebraten-Burger schmecken lassen. 800 Capuccino pro Tag, so hat Herrmann einmal intern verlauten lassen, müsse er verkaufen – nur um die Kosten wieder einzuspielen.
Das alles war für mich natürlich mehr als Grund genug, das “Fränkness” gleicht am Tag der Eröffnung zu besuchen. Wer das Gebäude betritt, dem fällt – neben der hohen Zahl an Schaulustigen, die einmal eine Runde drehen und dann gleich wieder dem Ausgang zustreben – sofort die ganz besondere Atmosphäre auf. Diese allerdings kennt man bereits, nämlich aus zahlreichen Szene-Buden in Berlin-Mitte. Sie kennzeichnet sich durch eine genau kalkulierte Mischung aus dem Charme eines Abbruchhauses (rohe Wände, unverputzte Risse in der Mauer, als Fußboden einfacher grauer Estrich) einerseits und postmodernem Chic (Halogen- und LED-Lampen, Soundsystem vom feinsten, viel massives Holz) andererseits zusammen. Gemütlich ist das nicht, szenig schon eher, deplatziert vielleicht. Insgesamt haben wir hier jedenfalls kein Restaurant zum Wohlfühlen, sondern eher eine schicke Snackstation für die Mittagspause. Dass man auf den eher unbequemen Barhockern sowieso nicht lange verweilen möchte, gehört vielleicht sogar zum Konzept.
Aber die Sitzplätze sind das eine. Kleine Gimmicks wie die Steckdosen auf den Tischen (Hallo, Herr Herrmann, haben Sie eigentlich schon mal was von diesen neuen Dingern gehört, mit denen man seit 10 Jahren sein Handy lädt? USB-Anschlüsse???) sind das andere. Und nochwas: Wenn ich mich schon an die Jeunesse Dorée wende, dann sollte ich wengistens bitteschön ein offenes WLAN im Angebot haben. Das kriegt man in Berlin-Mitte inzwischen an jeder Pommesbude. Nach Auskunft der überdreht-freundlichen Servicekraft, die ich dazu befragte, soll ein WLAN eventuell noch kommen – “irgendwann”.
Nun ist ja aber die Qualität des Essens für den Erfolg des Fränkness nicht ganz unbedeutend. Fast Food und Feinschmeckerei zu vereinen, das haben freilich schon viele versucht – die wenigsten erfolgreich. Weltweit fallen einem da am ehesten Leute ein wie Ivan Orkin (von “Ivan Ramen”, mit dem Orkin die Nudelsuppenszene von Tokio aufgemischt hat…) oder David Chang mit seinem immer weiter wachsenden und extrem erfolgreichen “Momofuku”-Imperium. In Deutschland dagegen gab es nur wenige Erfolge auf dem Gebiet “schickes Fastfood”, etwa die Markthalle Neun in Berlin oder die leider nicht mehr existierende “Curry Queen” in Hamburg. Alexander Herrmanns Sternekollegin Cornelia Poletto schloß ihr edles Restaurant in Hamburg schon vor Jahren und bot stattdessen in einer Art Ladenlokal nur noch Nudeln und Antipasti an. Von Alfons Schuhbecks diversen Aktivitäten am Münchner Platzl größere Notiz zu nehmen, verbietet an dieser Stelle der kulinarische Anstand.
Herrmann nun also versucht´s mit Pizza und Burger. Oder, halt, nein: Mit Brotpizza und Schweinebratenburger. Letzteren konnte ich probieren. Er war nicht mal teuer: 8,90 für einen wirklich aufwändig gemachten Burger gehen völlig in Ordnung. Einen kleinen Eisbergsalat gibt´s auch noch dazu, und am Eröffnungstag sogar noch ein kostenloses Getränk.
Der Bestellvorgang geht so: Man sucht sich etwas aus den ausliegenden Speisekarten aus, begibt sich dann aber an die Kasse, um dort zu bestellen (die Garderobe liegt währenddessen unbeaufsichtigt am Platz). Dann bekommt man eine Art Eishockey-Puck, der zu vibrieren beginnt, wenn das Essen fertig ist. Sodann begibt man sich zu einer art kantinenmäßigen Ausgabestation (die Garderobe liegt wieder unbeaufsichtigt am Platz) und nimmt sein Essen in Empfang. Das Ganze geht sehr schnell, ich finde es aber dennoch gewöhnungsbedürftig.
Der Burger besteht aus einem Laugenbrötchen, das aufgrund dieser Herstellungsweise deutlich nach Brezel schmeckt. Darin stecken einige Fetzen zarten Fleisches. Die würde ich jetzt mal nur mit sehr viel gutem Willen als “Braten” bezeichnen. Tatsächlich handelt es sich hier um eine Variante von “Pulled Pork”, also sehr lange bei sehr niedriger Temperatur gegartes Fleisch, vermutlich vom Schweinenacken oder -Hals. Das ist in der Herstellung deutlich günstiger als Rind, daher kann Herrmann auch zu günstigen Preisen anbieten. Das Fleisch in meinem Burger war dazu noch leicht angeräuchert (wie bei Pulled Pork üblich), was den Geschmack noch runder und interessanter machte.
auf dem Burger befinden sich neben dem Fleisch noch eine stattliche Anzahl leckerer Sachen: Knusprig ausfrittierte Schweineschwarte etwa, sodann eine Avocado-Sauce, eingelegte Zwiebeln, Karotten und Radieschen sowie vermutlich selbst eingelegte Senfkörner. Das alles paßt wunderbar zusammen, ergibt einen ebenso komplexen wie einmaligen Geschmack und mundete mir ganz vorzüglich.
Über Alexander Herrmanns neues Etablissement in Nürnberg kann man also alles in allem durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Das Essen aber ist wirklich sehr gut und dabei preiswert. Ich werde dem Fränkness daher auf jeden Fall noch weitere Besuche abstatten.
das gäste wlan wurde nachgereicht und ist seit gestern in betrieb.
Danke für den Kommentar! Ich werde meinen Bericht entsprechend updaten!