Restaurant Storstad Regensburg

Restaurant Storstad Regensburg

Das Restaurant Storstad Regensburg war eine Zufallsbekanntschaft für mich: Ich war zufällig in der Stadt, schaute standardmässig die wichtigen Feinschmecker-Portale an – und fand einen Eintrag über das Restaurant. Ich gestehe es zwar nur ungern, aber sowohl das Restaurant als auch Chefkoch Anton Schmaus, der ja immerhin seit dem vergangenen Jahr ganz offiziell unsere Fußball-Nationalmannschaft bekocht, waren mir komplett unbekannt. Das ist peinlich, ich weiß. Aber es hilft ja nichts.

Restaurant Storstad Regensburg
Kopfsalat und Makrele

Ganz besonders peinlich ist mir mein Unwissen deshalb, weil Anton Schmaus (wie ich mittlerweile weiß, war Schmaus im Jahr 2014 beim Gault Millau der “Aufsteiger des Jahres”) wirklich – und ich meine WIRKLICH – toll kocht. Ich habe in den letzten Jahren in ganz Bayern, inklusive auch traditionsreichster Häuser in der Landeshauptstadt, aber vielleicht mit Ausnahme unseres Nürnberger “Essigbrätlein” kein so stimmiges, witziges und, ach was soll´s, einfach geiles Menü genießen dürfen.

Aber der Reihe nach.

Das erste Aha-Erlebnis ist nämlich schon mal die Location des Restaurants Storstad, mitten in Regensburg in einem der dortigen alten Wohntürme im fünften Stock angesiedelt. Aus der großen Fensterfläche schaut man direkt auf die Altstadt und den Dom, der sich in unmittelbarer Nähe befindet.

Entsteigt man also im fünften Stock dem Aufzug, begrüßt einen sofort das ebenso freundliche wie entspannte Service-Team, das jeden Gedanken an einen steifen Sternetempel sofort verschwinden läßt. Im Gegenteil: Man fühlt sich im sprichwörtlichen Sinne sofort zuhause und dabei im besten Sinne als Gast, nicht etwa nur als Kunde. Die Einrichtung ist nüchtern-kühl-gediegen und zenmäßig asiatisch bzw. nordisch je nach persönlicher Präferenz. Da der Chefkoch mal in Stockholm gearbeitet hat, wahrscheinlich eher letzteres.

Restaurant Storstad Regensburg
Langostino, Reis, Nori

Meine Auswahl beim Essen war schnell getroffen: Ich ging den Mittelweg, wählte also weder das vier- noch das acht-Gänge-, sondern das sechs-Gänge-Menü. Obwohl ich dem Thema “Weinbegleitung” in letzter Zeit ambivalent gegenüberstehe, entschied ich mich hier dafür, weil ich einfach wissen wollte, was dem Sommelier bzw. der Sommelière zu dem schon anhand der Speisekarte erkannbar originellen Kreationen der Küche weinmäßig so einfallen würde.

Zum Amuse Guele kam fast ein eigenes kleines Menü, genannt “Variationen vom Spargel”. Da waren zunächst in einer hauchzarten Himbeer-Vinaigrette marinierte, natürlich auf den Punkt gegarte Spargelspitzen, ein kleines Filo-Schüsselchen mit zart marinierter Fjordforelle auf Spargel, eine gelierte Spargelcremesuppe sowie ein Spargelragout unter einer üppigen Haube aufgeschäumter Sauce Hollandaise. Ich will mich hier nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber gaaaaaaaanz entfernt erinnerte mich die Filoschüssel an das Signaturgericht, von Thomas Keller, in dessen “Per Se” in New York Anton Schmaus mal gearbeitet hat. Bei Keller handelt es sich aber nicht um Spargel, sondern um eine Lachsmousse in einer Art kleiner Eistüte. Aber wie gesagt: Ich will mich nicht aus dem Fenster lehnen. Jedenfalls war alles sehr delikat, auch und gerade im Zusammenspiel der einzelnen Variationen. Das finde ich vor allem deshalb bemerkenswert, weil der Grad bei einem solchen Gang sehr schmal ist zwischen “schmeckt alles gleich” und “passt alles nicht zusammen”.

Restaurant Storstad Regensburg
Scholle, Wakame, Beurre Blanc

Das “richtige” Menü begann für mich dann mit einem echten Knaller, oder eigentlich müsste ich sagen: Mit einer riesen Frechheit. Es gab nämlich Kopfsalat. Jawoll: Kopfsalat. Dieses profanste aller profanen Blattgemüse in einem Sternelokal zu servieren, das grenzt schon wirklich an Unverschämtheit – im absolut positiven Sinne natürlich. Es zeigt nämlich, dass der Chefkoch sich zutraut, einen Kopfsalat aufzutreiben, der auch tatsächlich nach etwas schmeckt – und natürlich, dass der Chef es versteht, aus dem oft recht geschmacksarmen, in der klassischen französischen Küche jedoch sehr gängigen Produkt auch aromatechnisch etwas zu machen. Und das muß man erstmal schaffen. Bei dem natürlich toll marinierten Blatt Kopfsalat war – der Oberhammer! – eine Kopfsalat-Granité, also eine Art gehobeltes Wassereis vom Kopfsalat, außerdem Erbsen, Erbsensprossen und darunter vorzügliche Sashimi von der Gelbschwanz- Makrele. Das Grünherbe des Salates wurde schön abgefedert durch leicht süße und perfekt reife Granatapfelkerne, einige wenige Späne frisch gehobelter Meerrettich gaben eine leichte Schärfe. Schon dieser Gang zeigt, wie toll Anton Schmaus mit Fisch umgehen kann. An gewisse Restaurants in der Bundeshauptstadt, die trotz eines Sternes mehr dieses Niveau lange nicht erreichen, mag ich da gar nicht denken.

Und “fischig” ging es weiter. Es folgte als nächster Gang im Restaurant Storstad Regensburg ein roher Langostino unter einer Haube von Reis-Schaum, wie ihn ähnlich (aber nicht so luftig) Andre Köthe vom Nürnberger Essigbrätlein zu Spargel serviert. Zusätzlich war der Schaum mit Tapioka-Perlen angereichert. Obenauf lagen gepoppter Wildreis und, schon wieder so eine kleine wunderbare Frechheit, kleine frittierte Nori-Algenblätter. Kleine Stücke von Fingerlimes sorgten für eine kleine Säure-Spitze, und so war auch dieser Gang wieder ein Erlebnis in Geschmack wie Konsistenz.

Fisch, die Dritte: Als nächstes kam eine wunderschöne pochierte Scholle, die ich in einer solchen perfekten Konsistenz ehrlich gesagt schon sehr lange nicht mehr gegessen habe. Der Fisch war glasiert mit einem dezenten, süßlich-pikanten Lack von Wakame-Algen, auf dem wiederum knusprig geröstete Brot-Chips für den Crunch in diesem Gang sorgten. Umwallt war das Ganze von einer grenzwertig klassischen, will sagen: wunderbaren, jedoch fluffig aufgeschäumten Beurre Blanc. Dazu gab es noch als Gemüse den bei uns leider immer noch fast unbekannten Mönchsbart, hier in besonders schöner, noch leicht bissfester Konsistenz (witzig: Auch den Mönchsbart findet man im Essigbrätlein bei Andree Köthe, dort ebenfalls kombiniert mit Fisch, der jedoch von Champignonsaft begleitet wird). Der Weißwein aus der neuseeländischen Cloudy Bay, den ich zunächst für eine etwas zu konventionelle Wahl gehalten hatte, ergänzte das Gericht perfekt.

Um jetzt an dieser Stelle nicht in einen Running Gag zu verfallen: Im nächsten Gang spielte Fisch die Hauptrolle. Und zwar der in unseren Breiten nur selten zu bekommende und daher meist (sozusagen) schweineteure “Black Cod”, der sich durch eine wunderschöne, blättrige Konsistenz auszeichnet, die auch hier prima zur Geltung kam. Begleitet war das Fischlein von einer bezaubernden Kombination aus knapp gegartem und dann offenbar geflämmtem Rhabarber sowie (ich schätze) gedämpftem Baby-Fenchel. Die beiden Gemüse ergänzten sich in ihren unterschiedlichen Aromen, die dabei aber gleichzeitig auch irgendwie in eine ähnliche Richtung gehen, wirklich sehr schön. Ein Miso-Sud ergänzte etwas Umami, das diesem Gang ansonsten gefehlt hätte. Die kleinen Stückchen Karamell von der Glucose (tippe ich mal) störten weiter nicht und ich verstehe, dass der Koch gerne eine knusprige Komponente haben wollte – aber das war jedenfalls das Element im gesamten Menü, das ich am wenigsten dringend gebraucht hätte. Der begleitende knochentrockene Rosé-Sekt aus Portugal gefiel mir nicht nur, weil er das eher süßliche Gericht ergänzte, sondern auch deshalb, weil ich finde, Schaumweine werden in Weinbegleitungen großer Menüs (außer vielleicht bei einer weiteren Adresse in der Bundeshauptstadt) noch viel zu selten eingesetzt. Gerade in einem großen – und damit fast zwangsläufig abendfüllenden – Menü tut ein bisschen Sprudel ab und zu ganz gut.

Nach dem Black Cod kam dann schließlich doch ein Fleischgang – aber halt: Es handelte sich um Perlhuhn, und zwar um eine gottlob ohne Zuhilfenahme eines Sous-Vide-Wasserbades perfekt gegarte Brust nebst einem Ragout aus der Karkasse, das unter einem Kartoffelschaum versteckt und von aufgeknusperter Perlhuhn-Haut gekrönt war. Die Brust wurde begleitet von einer extrem geschmacksintensiven Morchel-Mousse, an die ich mich erstmal gewöhnen mußte und über die ich mir auch jetzt noch kein abschließendes Urteil gebildet habe. Das Aroma der Morchel ist für mich häufig ein Problem, denn es ist sehr erdig und “tierisch” und eben wahnsinnig intensiv, so dass es leicht in eine allzu dominierende Rolle innerhalb eines Gangs gerät. Hier ging es  – noch, aber dieser Gang war für mich eine Herausforderung. Der begleitende Burgunder gab dem Ganzen allerdings noch ein wenig zusätzlichen Halt, sodass alles zusammen am Ende für mich doch wieder in Ordnung ging.

Zum Dessert war dann Entspannung angesagt: Es gab Erdbeere in einer ganzen Reihe von Varianten, etwa als wunderbar präzis gearbeitetes Törtchen mit Schokolade und Akazie, außerdem ein Buttermilch-Sorbet, Baiser, Schokoladenerde, Erdbeer-Ragout sowie einen lauwarmen “Jus”. Die Sache mit der Temperatur bei der Erdbeere ist ja oft problematisch. Denn zu kalt schmeckt sie nach nichts, zu warm eigentlich auch nicht – von daher fand ich die lauwarme Temperierung ganz schick. Insgesamt war der Gang nebst dem begleitenden Rosé-Champagner natürlich wiederum ein kleines Kunstwerk aus drei ganz schlichten Grundelementen, nämlich Erdbeere, Schokolade und Buttermilch. Hier schließt sich für mich auch der Kreis zum ersten Gang (dem mit dem Kopfsalat), und hier sehe ich auch die Linie dieser Küche: Nicht unbedingt im Regionalen, nicht unbedingt bei irgendwelchen Modeerscheinung wie zum beispiel derjenigen, dass in gewissen Restaurants in letzter Zeit offenbar zwingend nur noch Innereien, irgendwelche Wurzeln von vor der Haustür oder ausschließlich fermentiertes auf den Tisch kommen. Ich glaube, ich sehe wirklich im allerweitesten Sinne ei bisschen Thomas Keller durchscheinen, der sich ja neben seiner ungeheuren Präzision auch dadurch auszeichnet, dass er noch aus den allereinfachsten Sachen (die aber immer allerhöchste Qualität haben) unsterbliche kulinarische Erlebnisse zaubern kann. Und eines nur ganz nebenbei: Wenn ich beim Guide Michelin wäre und dort für irgendetwas zuständig: Dann hätte das Restaurant Storstad Regensburg nicht einen Stern. Sondern zwei.

 

 

http://www.öffnungszeiten-deutschland.com/

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