Frühlingszwiebeln

Kochen in der Krise

Eigentlich ist alles ganz einfach. Noch unsere Großmütter wussten ganz genau, wie man auch in schwierigen Situationen gutes Essen auf den Tisch bringen, wie man aus wenig viel machen und wie man Lebensmittel lange konservieren kann. Heute aber geraten wir schon in Panik, wenn die Rucola-Ricotta-Fertigpizza bei Rewe aus ist.

Beim Durchlesen meines Blog-Inhaltsverzeichnisses ist mir aufgefallen, dass ich zum Thema “haltbar machen” und “Kochen mit Vorräten” eh schon ziemlich viel geschrieben habe. Dabei sind eher “fortgeschrittene” Sachen wie etwa die Feuchtkonservierung mit der japanischen Nukazuke-Methode genauso wie ganz einfache Dinge, die wirklich gehder ganz sicher hinkriegt.

In der jetzigen Situation, wo wir alle noch nicht genau wissen, wie es weitergeht (Stand: 20. März 2020), sind ein paar einfache Tipps und Tricks vielleicht ganz hilfreich.

Also, fangen wir an: Ein paar Tipps für den Vorrat.

Parmesan sollte man eh schon wegen des Geschmacks nicht fertig gerieben, sondern am Stück kaufen. Er hält sich praktisch ewig, wenn man ihn in Salz “vergräbt” und so im Kühlschrank lagert. Nur nebenbei: Die harten Rinden vom Parmesan, die man meistens nicht sehr gut gerieben kriegt, eignen sich sehr gut als “Geschmacksverstärker” für Brühen, Suppen und Pastasaucen. Einfach ein Stück mitkochen, und voila: Das Ergebnis schmeckt schon wesentlich leckerer.

Nachwachsende Rohstoffe

In Zeiten unsicherer Einkaufsmöglichkeiten sind nachwachsende Rohstoffe natürlich besonders wichtig. Die gibt es tatsächlich auch für die Küche. Kräuter im Topf oder Sprossensamen und ein entsprechendes Keimgerät bringen laufend frische Zutaten, ohne dass man sich dafür in potenziell infektiösen Umgebungen bewegen müsste.

Oder auch das: Ein Bund (frische!) Frühlingszwiebeln in ein Gefäß mit kaltem Wasser stellen, z. B. einen großen Kaffeebecher. Die Wurzeln natürlich nach unten. Den grünen Teil der Frühlingszwiebeln kann man jetzt einfach abschneiden und zum Kochen verwenden; er wächst dann mindestens drei- bis viermal wieder nach, ohne dass man Einkaufen gehen muß.

Konservieren ohne Luft

Für ganz, ganz viele Dinge ist das Vakuumieren eine ganz tolle Konservierungsmethode. Ideal dafür ist ein so genannter Kammer-Vakuumierer, der allerdings relativ teuer ist (um die 1.000 Euro). Zumindest für trockene Zutaten geht aber auch ein Saugvakuumierer, den es ab ca. 50 Euro zu kaufen gibt. Damit kann man Fleisch, Wurst, Käse, aber durchaus auch bereits geschnittenes Gemüse oder Obst wesentlich länger haltbar machen. Gekühlt werden müssen die Sachen aber trotzdem.

Noch cooler, vor allem für länger dauernde Krisen, sind natürlich Sachen, die man gar nicht erst kaltstellen muß. Und damit sind wir im riesengroßen Bereich der Fermentation. Der Begriff bezeichnet eigentlich eine Art “gesteuerten Verfall” von Lebensmitteln. Aber keine Angst. Fermentierte Sachen sind genauso konsumierbar wie frische. In vielen Fällen sind sie sogar wesentlich gesünder.

Sauerteig
Fermentiert: Sauerteig. Wer ihn hat, muß keine Trockenhefe hamstern.

Und das Spektrum ist breit. Salami: Fermentiert. Sojasauce: Fermentiert. Joghurt: Fermentiert. Sauerteig: Fermentiert.

Weil Fermentieren seit einigen Jahren mein Hobby ist, möchte ich Euch in der Folge ein paar ganz einfache Möglichkeiten zeigen, wie man Lebensmittel durch Fermentieren sehr lange bis sogar fast ewig haltbar machen kann.

Aber bevor wir damit anfangen: Sauerteig. Er ist für mich ein ständiger Begleiter in meiner Küche, weil er so viel kann und ich ihn praktisch ständig brauche.

Manche Menschen, zum Beispiel Heidi Klum,  geben ihren Brüsten Namen. Andere ihrem Sauerteig. Schon das zeigt, welch inniges Verhältnis man zu einem Stück Getreideferment herstellen kann. Und wie sehr dieses Getreideferment für manche was sowas ist wie ein geliebtes Haustier. Ständige Pflege verlangt so ein Sauerteig auf jeden Fall.

Märchen über Sauerteig

Aber der Reihe nach. Zunächst mal liest man in vielen Büchern und Artikeln sehr viele unterschiedliche Sachen über Sauerteig. Das meiste davon ist leider Quatsch.

Meine Erfahrung sagt: Es ist alles viel einfacher, als es die meisten Beschreibungen glauben machen. Man braucht ja nur zwei Sachen: Mehl und Wasser. Na gut, und Zeit.

Das Mehl sollte am besten ein frisch gemahlenes Roggenvollkornmehl sein. Wer das nicht hat, nimmt ganz normales Roggenmehl. Wer das auch nicht hat: Irgendwas, egal, wird schon klappen.

Sauerteigbrot
Keine Hefe! Wer Sauerteig hat, kann immer Brot backen.

Dieses Mehl (so drei, vier Esslöffel) mischt man mit der gleichen Menge (undgefähr) Wasser. Kaltes Wasser. Dann rührt man wie ein Berserker eine Weile mit einer Gabel drin rum, bis alle Aggressionen abgebaut sind. Und dann heißt es; Warten. Je nach Jahreszeit und Standort (kalt, warm) kann es drei bis sieben Tage dauern, bis der Sauerteig lebendig wird. In dieser Zeit muß man ihn zwei- dreimal am Tag mit der Gabel durchrühren. Wenn sich die ersten kleinen Bläschen zeigen, weiß man: Es funktioniert. Nach so ca. einer Woche blubbert es relativ regelmässig. Dann ist der Sauerteig fertig für den ersten Einsatz. Man mischt ihn mit ca. 400 g Mehl (Roggen, Weizen, Dinkel, Emmer, Einkorn: Egal), ca. 200-300 ml Wasser verkneten.  Ca. 3-4 EL vom Teig abnehmen – das wird der neue Sauerteig. Am Ende noch 1-2 TL Salz zufügen. Die Knetgerei geht am besten in der Küchenmaschine. Es sollte dabei ein glatter Teig entstehen. Diesen Teig 12 Stunden gehen lassen. Dann nochmal durchkneten, in Form bringen und je nach Aktivitätsgrad des Sauerteigs nochmal drei bis 8 Stunden gehen lassen. Er sollte sein Volumen am Ende ca. verdoppeln. Jetzt ab in den Ofen und bei 210° ca. 40 Minuten backen. Et voila: Das erste Sauerteigbrot. Es ist vielleicht nicht das schönste der Welt, aber hey: Übung macht auch hier den Meister.

Nun kommt die eigentlich wichtigste Phase. Unser Sauerteig ist jetzt am Start, er will aber regelmässig gepflegt werden. Das heißt: Den Teig ein- bis zweimal am Tag kurz durchrühren.

Sauerteig regelmässig füttern

Und außerdem muß der Sauerteig regelmässig gefüttert werden. Denn die Bakterien im Sauerteig brauchen Nahrung, und Nahrung bedeutet Mehl. Wie genau man einen Sauerteig füttert, dazu existieren viele unterschiedliche Theorien. Mein Ansatz ist auch hier eher hackermässig. Denn so genau kommt es nicht drauf an. So etwa ein Esslöffel Mehl alle zwei Tage sind in etwa die Grundregel. Wenn mir der Sauerteig zu trocken vorkommt, gebe ich nochmal die gleiche Menge Wasser dazu. Manchmal nehme ich auch zwei Esslöffel Mehl, manchmal vergesse ich die Fütterung auch komplett. Ist alles nicht so schlimm.

Denn wir verwenden ja unseren Sauerteig regelmässig zum Backen und nehmen uns dann aus dem Brotteig wieder eine frische Portion. Dadurch wird der Sauerteig regelmässig “umgewälzt”, und er wird auch nicht so sauer.

Und was machen wir, wenn wir in Urlaub fahren? Ganz einfach: Den Sauerteig mit einer Schicht Mehl bedecken und in den Kühlschrank stellen. Dort verlangsamt sich der Stoffwechsel der Bakterien so weit, dass praktisch nichts passiert. Und nach dem Urlaub (oder der Brotbackpause) holen wir unseren Teig einfach wieder aus dem Kühlschrank, fügen vielleicht ein bißchen mehr Wasser hinzu – und weiter geht´’s!

 

 

primark

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