Was für einen Unterschied doch drei Jahre ausmachen können! So lange war ich schon nicht mehr bei “Tim Raue” in der Berliner Dutschke-Straße. Schon damals (ich hatte das große Abendmenü) war das Essen herausragend. Und heute? Ist es sogar noch besser.
Diesmal allerdings besuchten wir das Restaurant am Mittag – nicht zuletzt aus Kostengründen. Für das große Menü muß man bei Tim Raue mittlerweile runde 160 Euro auf den Tisch des Hauses legen. Damit bezahlt man zwei Michelin-Sterne zwar absolut angemessen und bewegt sich im für diese Art der Küche üblichen Rahmen – aber diesmal wollte ich einfach nicht so viel ausgeben. Und am Mittag kann man auch nur drei (für 38 Euro) oder vier (48 Euro) Gänge nehmen – das geht noch, finde ich.
Das “Drumherum” ist mittags das Gleiche wie am Abend. Das heißt, vor dem eigentlichen Menü gibts erstmal Aperitiv (diesmal ein wunderbarer Sekt aus dem Weingut Dreissigacker) und Amuse Guelles aus der Küche. Neben den Cashew-Nüssen mit rotem Curry und dem gelben eingelegten Rettich, die ich schon kannte, gab es diesmal etwas sehr gutes Kimchi, butterzarten Schweinebauch und ganz vorzügliche “Tages-Lilien”, also Blüten, die leicht süß-säuerlich angemacht waren. Für die Gattin gab es (ich hatte vorher Bescheid gesagt) sogar extra ein vegetarisches Menü, das die “normalen” Gäste nicht zu sehen bekamen. An solchen Sachen sieht man, dass man in einem Zwei-Sterne-Haus sitzt.
Das Menü begann dann für mich mit einer traumhaften roh gebeizten Flunder mit Wasabi-Flocken, einer gelben Paprika-Sauce und etwas Nori-Algen. Ein so “einfaches” Gericht traut sich in Deutschland fast kein Sternekoch, und genau dafür muß man Tim Raue bewundern: Fisch, Sauce, Wasabi, noch einige grüne Blätter – und fertig. Mehr braucht man nicht, aber die meisten Kollegen würden jetzt noch ein Spritzerchen hiervon und ein Tröpfchen davon auf den Teller tun. Denn viele denken immer noch, je mehr unterschiedliche Komponenten ein Gericht hat, umso toller ist der Koch. Aber diese scheinbare Bauernregel hat noch nie gestimmt.
Und auch eine weitere Bauernregel – nämlich die, das gutes Essen immer irgendwie mit Fleisch zu tun haben müsse – widerlegt Tim Raue eindrucksvoll. Mein zweiter Gang war eine wunderbare Kombination aus Sellerie, Trüffel und einer Petersilien-Mousse. Auch hier sage ich: Mehr braucht man nicht zum Glücklichsein. Und die Kombination mit Sellerie ist wider erwarten eine der stimmigsten Anwendungen von Trüffeln, die ich je gegessen habe. Allzu häufig wird der edle Pilz einfach über irgendwas drübergehobelt – und das bringt dann meistens nichts außer einem leicht muffigen Geschmack, den der Pilz ja leider nun mal an sich hat, und einem exorbitanten Preis. Hier aber ergänzen sich schwarzer Trüffel und Sellerie zu einem ganz leichten, erfrischenden Gesamtbild.
Zum Hauptgang gab es dann für mich – ich mußte es tun! – das sogenannte “Signatur-Gericht” von Tim Raue. Es ist dies eine ganz eigene Interpretation der Peking-Ente, die auf drei verschiedenen Tellern serviert wird. Es gibt eine Consommée vom Entenklein, eine Zubereitung von der Leber und natürlich die Entenbrust selbst. Ein Spiel mit Geschmäckern und Konsistenzen auf allerhöchstem Niveau. Hut ab! Für die Gattin gab es parallel lecker gebratenen Tofu nach einer Vorspeise aus gegrillten Karotten, die ebenso scheinbar “einfach” wie vorzüglich war.
Den Abschluß des kleinen Menüs bildete für mich dann eine Komposition von roten Äpfenl und püriertem Seiden-Tofu – das erste Mal, dass ich Seidentofu gegessen habe, der tatsächlich nach etwas schmeckt.
Insgesamt kann ich nur sagen: Ein (wieder) absolut perfektes Erlebnis, vom freundlich-entspannten Service bis zur hervorragenden Küche. Mach weiter so, Tim!
Das hast Du schön zusammengefasst!
Schade, dass ich nicht dabi war.
Aber beim nächsten mal gerne wieder.
Werde heute gleich mal wieder was aus Tims Kochbuch auf den Tisch bringen.
Mit leckerem Gruß, Peter