Das Wort „Winzergenossenschaft“ klingt auf deutsch etwas seltsam, hat auch einen etwas seltsamen Beigeschmack. „Cantina“, also die italienische Übersetzung des Begriffs, klingt da schon besser. Und das Thema Genossenschaft wird im italienischen Weinbau, vor allem in Südtirol, auch ganz anders gelebt als bei uns in Deutschland. In Südtirol gibt es ja bekanntlich etliche dieser Genossenschaften – die Kellerei Nals Margreid ist dabei eine der ungewöhnlichsten.
Sie verfügt über mehr als 128 Winzer, die sehr strenge Zugangskriterien erfüllen. Eine der wichtigsten: Sie müssen ihre Landwirtschaft im Haupterwerb betreiben. Damit möchte man eine gewisse „Grund-Qualität“ erreichen. Außerdem werden die Weinbauern vom Kellermeister sehr eng geführt. Er begleitet die Bauern übers Jahr vom Rebschnitt bis zur Ernte und bei der Auswahl der Klonen bei Neupflanzungen. Das wiederum sorgt für eine einheitliche – und einheitlich hohe – Qualität. Die Rebflächen der Cantina Nals-Margrein umfassen nicht weniger als insgesmt 170 Hektar und verteilen sich auf 14 verschiedene Anbau-Regionen. Die umspannen ein riesiges Gebiet, das von Nals bei Meran bis nach Margreid im südlichen Unterland reicht.
Die Größe des Gebiets – und die unterschiedlichen Böden, die dort vorkommen – spiegelt sich in den Weinen der Cantina wunderbar wieder. Deren Chef Gottfried Pollinger sagt denn auch: „Unser oberstes Ziel ist es, das Terroir herauszuarbeiten, auf dem der Wein gewachsen ist“. Diese Aussage ist freilich an Understatement kaum zu überbieten: Mit dem „Sirmian 2012“ hat die Genossenschaft nichts weniger als den vom Gambero Rosso gekürten „besten Weißwein Italiens“ in ihrem Sortiment.
Neben diesem Highlight, das es wirklich in sich hat, konnte ich unter anderem einen schönen leichten 2016er Sauvignon Blanc aus der Kellerei Nals Margreid probieren. Er eignet sich als elegante Alternative zum Prosecco sehr gut als Aperitiv. Der 2016er Pinot Bianco aus der Lage „Penon“ ist aufgrund der Höhenlage seines Anbaugebietes fruchtig und hat eine schöne Säure. Dadurch wird er zum guten Begleiter zu Fisch, weißem Fleisch und ganz generell zu leichten Vorspeisen. Der Pinot Grigio „Punggl“ kommt aus dem südlichsten Zipfel Südtirols. Die Trauben wachsen an 80 Jahre alten Reben, die auf Lehmboden stehen. Das gibt dem Wein Kraft und Struktur, die es durchaus auch mit Pilzgerichten aufnehmen kann.
Bei den Rotweinen konnte ich zunächst anhand eines 2015er Merlot Levad in der Paarung mit einem 2013er „Mazzon“ Pinot Noir sehr gut nachvollziehen, welch unterschiedliche Weine diese beiden Rebsorten in der Kellerei Nals Margreid hervorbringen können. Der Merlot ist mit etwas mehr Ecken und Kanten versehen, als sie Weine aus dieser Rebsorte normalerweise aufweisen – das gibt ihm aber auch Persönlichkeit und machen ihn zu meinem zweiten Lieblingswein neben dem Sirmian. Der Pinot dagegen kommt leichtfüßiger daher, für mich persönlich ein klein wenig zu leichtfüßig, aber das ist eine reine Geschmackssache.
Als krönenden Abschluß probierte ich dann mit eim 2015er Lagrein einen Wein aus einer sehr bekannten autochthonen Rebe, wie er typischer für die Region Südtirol nicht sein könnte. Der Wein kommt aus der Region Gries bei Bozen, er wächst im warmen, zentralen Tal der Etsch, und dieses Klima schlägt sich auch im Wein deutlich nieder. Er beeindruckte mich mit warmen Schokoladen-, Kirsch- und Veilchen-Noten und spielt sehr schön mit einem Hauch von Holz. Diese feine Balance zwischen dem reinen Geschmack der Rebsorte und den Holznoten aus dem Ausbau im großen Fass kriegt der Kellermeister von Nals Margreid generell bei seinen Weinen sehr gut hin. Das gefällt mir sehr gut, es ist nebenbei auch für meine Begriffe eine sehr moderne Art, hervorragenden Wein zu machen.