Paul Bocuse

Zum Tode von Paul Bocuse

Paul Bocuse ist tot seit dem vergangenen Wochenende. Die Nachricht hat mich sehr getroffen, obwohl der Meister der Töpfe und Pfannen ja die 80 längst überschritten hatte. Aber trotzdem war Paul Bocuse einer der ersten Berührungspunkte, die ich mit der feinen Küche hatte.

Das ist über 30 Jahre her. Ich hatte schon irgendwo gehört, dass Paul Bocuse wohl irgendwie wichtig sei. Dann entdeckte ich im Buchladen ein Heyne-Taschenbuch. Preis. 16 Mark achtzig, für damalige Verhältnisse relativ teuer. Das Buch hatte dafür aber auch über 800 Seiten und – Wunder aller Wunder – zwischendrin ein paar eingeklinkte Seiten mit Farbfotos. Der Titel “Paul Bocuse – Die Neue Küche”. Übersetzt wurde das Werk übrigens von Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer, die später ihre ganz eigene große Kochbuch-Karriere starteten.

Ich habe “Die Neue Küche” förmlich veschlungen. Was gab es da für Großartigkeiten zu entdecken: Sauce Hollandaise, Kalbsfond, Trüffel, Gänseleber. Das meiste davon war für mich damals unerreich-, weil unbezahlbar. Also kochte ich halt ersatzweise Bocuses Rezept für “Cassoulet”. Das ist im Grunde ein Eintopf mit weißen Bohnen, eingemachter Gänsekeule Schweinebauch und Wurst. Ganz einfache Küche eigentlich.

Aber Paul Bocuse schaffte es, auch diesen deftigen Klassiker in die absolute Stratosphäre der großen Küche zu katapultieren. Und das nicht etwa dadurch, dass er es mit irgendwelchen Fancy-Zutaten wie Trüffel oder Gänseleber anreicherte. Nein: Die Methode der Wahl war eine absolut sorgfältige, also auch absolut aufwändige Zubereitung. So mußten die weißen Bohnen genau soundsoviele Stunden eingeweicht werden – nicht länger. Das Kochwasser für die Bohnen hatte hernach mehrmals gewechselt zu werden, um dem Gericht die Mufffigkeit zu nehmen. Es war natürlich selbst hergestellte Brühe zu verwenden, die Tomaten für die Sauce hatten absolut frisch und geschmackvoll zu sein und wurden natürlich vor der Verwendung geschält und entkernt. Ich machte mir die viele Arbeit mehrmals. Denn das Ergebnis war der absolute Hammer.

Alllerdings machte ich bei der Gelegenheit mit dem auch in der Hochküche geltenden “Pareto-Prinzip” Bekanntschaft: Die letzten Prozent Verfeinerung machen 80 Prozent mehr Aufwand (oder im Restaurant 80 Prozent mehr Preis).

Davon abgesehen: Paul Bocuse gebührt neben der großen Leistung, die ihm überall attestiert wird, nämlich den Kochberuf aus der heißen Küche ins Rampenlicht des Speisesaals gestellt zu haben, noch ein anderes Verdienst. Es besteht aus meiner Sicht darin, den großen französischen Küchen-Kanon, wie er spätestens seit Auguste Escoffier mehr oder weniger unverrrückbar existiert hatte, modernisiert, entschlackt und auch die Höhe der damaligen Zeit gebracht zu haben. Und das, ohne jemals die Präzision, den guten Geschmack und ganz einfach die Sorfalt des Küchenhandwerks außer acht zu lassen. Dafür wird er mir unvergessen bleiben.

PS: Bocuse-Küche zum ausprobieren? Eine gute Möglichkeit ist das Rezept für Lamm-Navarin.

 

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