Die “Long March Canteen” in Kreuzberg ist derzeit nichts weniger als der angesagteste Chinese in Berlin. Und das heißt schon was in dieser Stadt mit offiziell nicht weniger als 4.500 Restaurants. Auf dem Programm stehen hier “Dim Sum”, also chinesisch-authentische Kleinigkeiten aller Art, aus denen man sich entweder ein “vorgefertigtes” oder individuell zusammengestelltes Menü auswählen kann.
Wir entschieden uns für die letztere Variante, weil uns das “fertige” Menü nicht so zusagte. Die Bedienung beriet uns sehr nett, aber ich hatte nicht unbedingt das Gefühl, dass sich der junge Herr wirklich auskannte. Das Gegenteil kann ich allerdings auch nicht beweisen.
Das Ergebnis der Beratungstätigkeit war durchwachsen. Zunächst gab es eine kleine Portion “Schweinerippchen-Bonbons”, das waren durchaus leckere, offenbar mit viel Honig zubereitete geschmorte kleine Stückchen von der Schweinerippe mit Knochen. Diese Knochenstücke waren der Grund dafür, warum das Gericht (auch mit den Fingern) nicht ganz leicht zu essen war. Teilweise mußte ich auch kleine Knochenstückchen wieder ausspucken. Das mag zwar rustikal und “authentisch” sein, es hat mich aber trotzdem genervt.
Als Hauptgang konnte ich dann auf zwei Gerichte nicht verzichten: Das eine waren in einer Art dünnem Backteig frittierte Entenzungen. Ich lebe ja bekanntlich nach dem Credo, dass ich zwar Tiere esse, aber wenn schon, denn schon. Das heißt: Ich esse ALLES vom Tier. Auch solche Teile wie die Zunge, die andere Leute vielleicht eklig finden. Das kann jeder sehen, wie er will, ich will da nicht missionieren. Oftmals erlebt man gerade mit solchen “ekligen” Zutaten schöne positive Geschmacks-Überraschungen. Das war hier aber leider nicht der Fall, sondern die Entenzungen erinnerten in der Konsistenz doch sehr an Schuhleder. Absolut auf keinen Fall zu empfehlen.
Das zweite Gericht, das ich unbedingt probieren mußte, waren geschmorte Hühnerfüße. Die sind ja in mehr oder weniger ganz Asien der absolute Hit. Auch hier erlebte ich leider einen Reinfall. Die Füße waren zwar schön weichgeschmort, aber insgesamt war die Kombination aus schöner weicher, aber geschmacksarmer “Haut” und winzig kleinen Knöchelchen, die man eigentlich nicht vorher herauspulen konnte, sondern zunächst mitkauen und dann wieder ausspucken mußte – also, insgesamt war das einfach nicht lecker.
Der einzige Treffer war mein dritter kleiner Hauptgang, nämlich der wunderbar butterzart geschmorte und geschmacksintensive Schweinebauch. Der war begleitet von einer ganz, ganz tollen Sauce, in die ich mich am liebsten hineingesetzt hätte.
Um der Küche noch eine weitere Chance zu geben, bestellten wir zusätzlich noch Wan Tan, also gefüllte Teigtaschen mit einer Gemüsemischung innendrin. Die Dinger waren ganz ok, aber aus meiner Sicht auf keinen Fall dem Ruf angemessen, der der “Long March Canteen” vorauseilt. Insgesamt kann ich nicht anders, als den Laden für deutlich überschätzt (und auch viel zu teuer) zu halten.