Das Restaurant Herz und Niere Berlin ist ein ganz besonderes Restaurant. Die Küche hat sich komplett spezialisiert auf Innereien. Lustigerweise gibt es allerdings trotzdem ein komplett vegetarisches Menü. Dieses habe ich natürlich nicht gewählt. Sondern ich entschied mich für die volle Dröhnung: acht Gänge mit Innereien. Mein Abend im Restaurant Herz und Niere Berlin begann mit der Begrüßung durch das ebenso freundliche wie entspannte und lockere Servicepersonal. Hier gibt es keine Allüren, hier gibt es nur Freundlichkeit ohne jedes Chichi. Also wurde ich zunächst gefragt, ob ich einen Aperitif möchte. Ich entschied mich für einen österreichischen Winzer Sekt extra brut, der aus den Rebsorten grüner Veltliner, Zweigelt und Pinot Noir gemacht war. Diese Kombination ist äußerst ungewöhnlich, ich hatte sie noch nie. Trotzdem schmeckte der Sekt wirklich gut und außerdem war er wirklich sehr trocken, genauso wie ich es gerne mag.
Als nächstes kam verschiedenes Brot, darunter eine Sorte mit roten Beten, eine Sorte mit Mais, und eine mit Körnern. Dazu gab es eine sehr schöne luftige aufgeschlagene Bärlauch Butter.
Weiter ging es auf der Getränkeseite mit einem restsüß ausgebauten Riesling von der Nahe des Jahrgangs 1999. Trotz seines Alters schmeckte der Wein keineswegs muffig, sondern hatte sich seine Frische bewahrt. Dazu gab es eine Leber-Mousse und eine perfekt gebratene Wildschweinleber mit fermentierem Chicorée, frischen Taubnesseln und einem Eis, dass aus Löwenzahnblüten gemacht war. Alles in allem inklusive der allerdings sehr bitterem Taubnesseln eine tolle Kombination, und ein wahres Geschmacksfeuerwerk auf der Zunge. Sehr gut geeignet sicherlich auch für Leute, die sonst Leber nicht so gerne essen.
Der nächste Wein war ein wiederum sehr guter Welschriesling aus der Steiermark des Jahres 2015. Dazu gab es ein zunächst gekochtes und danach noch angebratenes Kalbsbries. Das Bries war begleitet von gegrilltem Knollensellerie, ganz knapp gedämpftem und fast noch rohem Stauden Sellerie, einem Selleriepüree, hausgemachtem Apfelessig sowie eingelegten Paradies-Äpfeln. Dieser Gang war trotz des insgesamt hohen Niveaus für mich der am wenigsten starke. Denn das Bries war ein wenig auf der harten und trockenen Seite, und für mich macht gerade ist eine cremige Konsistenz den besonderen Charme von Kalbsbries aus. Dennoch, das ist natürlich Jammern auf hohem Niveau, und die Kombination insgesamt war wirklich sehr lecker.
Der nunmehr dritte Gang, eine Schweinezunge mit wilder Möhre, Lyoner von der Zunge und einem Jus aus fermentiertem Rotkohl war begleitet von einem Grünen Veltliner des Jahres 2013. Auch diese Kombination überzeugte mich, obwohl auf die Zunge eher ein bisschen zu sehr gegart war für meine Begriffe. Die Lyoner aber überzeugte mich vollkommen und die sehr bittere wilde Möhre ebenso.
Als nächstes durfte ich einen Riesling aus der Pfalz des Jahres 2007 genießen, der als Spätlese ausgebaut war und ein deutliches Lakritzaroma hatte. Dazu gab es eine Spezialität, die mich wirklich sehr erfreute, die aber sicher nicht jedermanns Sache ist. Es handelte sich um Zicklein-Hirn mit Brokkoli, eingelegten Brombeeren sowie Spargelsaft. Der Spargel für den Saft war zuvor zwei Tage in Zucker und Salz eingelegt worden. Für mich ein absolut überzeugender Gang, die Konsistenz des Hirns kontrastierte wunderbar mit den säuerlichen Brombeeren und dem weichen Spargelsaft.
Der fünfte Gang waren Kutteln, also der Magen von Rind. Sie waren einmal als Suppe in Weißwein ausgeführt, darin gab es noch zusätzlich Kutteln nach Art von Hecht Klößchen, darauf Luft Zwiebeln, die ähnlich wie Bärlauch schmecken. Der Wein dazu war ein Gutedel.
Als nächstes kam das sicherlich originellste Getränk des Abends. Ein Kirsch Wein aus Dänemark, der nach der Gärung zusätzlich aufgespritet worden war und so auf gut 14 % Alkohol kaufen. Der begleitende Gang war ein Beuscherl, also Lunge, mit eingelegtem Löwenzahn.
Darauf folgte ein rosa gegartes Herz sowie eine geschmorte Milz vom Schwein, eingelegte Möhren vom letzten Jahr und bissfest gegarter Beelitzer Spargel. Auch das war für mich ein ebensolches Gedicht wie die begleitende Riesling Auslese.
Als Dessert gab es eine Joghurt Mousse, Sauerampfer Eis, gepufften Honig sowie Amaranth, dazu einen für meine Begriffe offenbar sous vide gegarten und damit schönen knackigen Rhabarber.
Alles in allem war das Menü in Herz und Niere bis auf ganz kleine Schwächen für mich wirklich großes Kino. Ich gebe zu, ich bin natürlich ohne hin ein Innereien Fan, und insofern hat die Küchen-Crew von Herz und Niere bei mir natürlich ein Heimspiel. Ich empfehle das Restaurant aber auch für nicht eingefleischte Innereien-Fans. Denn auch, wer sich noch nicht an Innereien versucht hat, wird hier auf sehr sehr leckeres Essen stoßen. Und im Zweifelsfall kann man sich immer noch für das ebenfalls leckere vegetarische Menü entscheiden. Für mich also eine absolute Empfehlung in Berlin.