Waidwerk im Restaurant Rottner Nürnberg

Waidwerk im Restaurant Rottner Nürnberg

Das Waidwerk im Restaurant Rottner Nürnberg ist das neueste Beispiel dafür, wie viel sich in der Nürnberger Gastronomie-Szene in letzter Zeit tut.

Valentin Rottner, Chefkoch im Waidwerk und Sohn des renommierten Hauses Rottner, hat jüngst seine Wanderjahre beendet und ist nach Stationen bei Alexander Herrmann in Wirsberg, Johannes King auf Sylt und anderen wieder in sein Elternhaus zurückgekehrt.

Waidwerk im Restaurant Rottner Nürnberg
Chefkoch Valentin Rottner (links) mit dem Autor.

Weil er sich einerseits einer regionalen, nachhaltigen Küche verpflichtet fühlt und er andererseits selbst sehr gerne als Jäger unterwegs ist, nennt er sein Projekt “Waidwerk”. Konkret handelt es sich um einen Gastraum innerhalb des Restaurant Rottner in Großreuth bei Schweinau. Dieser Raum wurde aufwändig renoviert und präsentiert sich seitdem in edler, moderner Optik, die aber durchaus eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlt.

Nach meinem Eintreffen im Waidwerk im Restaurant Rottner Nürnberg begrüßte mich Sommelier Thomas Wachter. Er ist ein weiteres Highlight des Hauses, denn er ist einfach der geborene Gastgeber. Eine solche natürliche Freundlichkeit, gepaart natürlich mit absoluter Kompetenz, trifft man wirklich nicht alle Tage. Ich fühlte mich also sofort wohl und willkommen.

Im Waidwerk im Restaurant Rottner, das übrigens derzeit nur abends geöffnet hat, gibt es ein festes Menü, das man in einer viergängigen und einer sechsgängigen Variante wählen kann. Ich entschied mich für die “große” Variante, um die Leistung der Küche möglichst gut einschätzen zu können. Auf die angebotene “Weinbegleitung” verzichtete ich jedoch.

Ich finde es zwar im Prinzip eine gute Entwicklung der letzten Jahre, dass sich Sommeliers und Küchenchefs gemeinsam eine schöne Weinkombination zu ihren Gerichten ausdenken und man nicht mehr wie früher aus einer Weinkarte wählen muß, die fast ausschließlich aus Flaschenweinen besteht. Allerdings ist mir eine Weinbegleitung zu einem großen Menü auch oft einfach zu viel Alkohol. Also beschränkte ich mich auf zwei der angebotenen Weine zu zweien der sechs Gänge.

Waidwerk im Restaurant Rottner Nürnberg
Das Eigelb thront über allem: Ragout von der Schweinebacke mit rote-Bete-Espuma.

Die umfangreiche Weinkarte im Waidwerk im Restaurant Rottner Nürnberg ist aber ebenfalls interessant, die Preise sind fair kalkuliert und ist gibt unter anderem eine gar nicht so kleine Auswahl von Weinen in halben Flaschen. Das ist oft eine schöne Alternative, wenn man zu zweit essen geht (oder mit dem Auto nach Hause fahren möchte).

Meine kulinarische Reise begann, wie in Gourmet-Restaurants üblich, mit einem kleinen Gruß aus der Küche. Schon dieses kleine Kabinettstückchen ließ meine Vorfreude schlagartig noch weiter ansteigen. Es handelte sich um eine einerseits harmonische andererseits trotzdem spannende Kombination aus Steckrübe, Kürbispüree sowie einem kleinen Stück vom Rehschinken. Schon hier schien also das Konzept des Lokals mit einem deutlichen Akzent auf Wild durch.

Weiter ging es mit einer Apfel-Sellerie-Praline in Muscovado-Zucker mit etwas knusprigem Tapioka und Traubengel. Parallel kam ein sehr gutes, leicht mit Koriander gewürztes hausgemachtes Sauerteigbrot auf den Tisch, das sich durch eine sehr homogene Krume auszeichnete. Dazu gab es noch sehr würzige, vier Wochen gereifte Butter sowie eine schöne dezente Bärlauchcreme.

Der nächste Gang war ein Carpaccio aus sehr dünn aufgeschnittenen Scheiben von der Jakobsmuschel, die immer im wechsel mit ebenso dünnen Scheiben von der Petersilienwurzel angerichtet waren. Begleitet war das Ganze von einer Trüffel-Vinaigrette, knusprig ausfrittierten Stücken von der Petersilienwurzel und – witzigerweise – gute Kropoek, also Krabbenchips. Der Gang war eine ebenso schöne wie ungewöhnliche Kombination aus “Land” (Trüffel, Petersilienwurzel) und “Meer” (Jakobsmuschel, Krabbenchips). Es ist auch eine Kombination aus regionalen (Petersilienwurzel) und internationalen Zutaten (Jakobsmuschel).

Weiter ging es mit dem für mich vielleicht witzigsten Gang des Abends: Ein wunderschönes Ragout von der Schweinebacke, das mit Gänsestopfleber angereichert war. Das Ragout war bedeckt von einem knallroten Espuma von der roten Beete, deren Erdigkeit aber hier durch (vermutlich) Creme Fraiche oder Sahne gezähmt war. Über allem thronte ein knuspriges frittiertes Eigelb, das mich sofort an Alexander Herrmann erinnerte, der ein ähnliches Eigelb schon seit Jahren im Programm hat – allerdings ist das Ei im Waidwerk auf ganz andere Weise zubereitet. Auch dieser Gang harmonierte hervorragend und war natürlich mit seinen kräftigen Farben auch ein optisches Erlebnis.

Es folgte der klassische Fischgang. Es handelte sich um ein nach den Regeln der Kunst knusprig auf der Haut gebratenes Stück Wolfsbarsch, das für mich vielleicht einen kleinen Tick zu fest war. Aber das ist ein Detail. Der Fisch war begleitet von einer sehr würzigen “Mojo Rojo”, also einem Anklang an die bekannte kanarische Paprika-Tomaten-Sauce.

Dazu gab es Variationen vom Blumenkohl, nämlich einmal knusprig mit dem Bunsenbrenner angeflämmte Röschen, zum zweiten die abgehobelte Oberfläche der Röschen, die am Ende reiskorngroße Körnchen ergibt, und zum dritten ein Püree. Außerdem gab es etwas pulverisierten Bottarga, also italienischen getrockneten Fischrogen, der natürlich den Fischgeschmack der Hauptkomponente wieder aufnahm, sowie eine halbierte “Pimiento de Padron”-Schote, die oben auf dem Fisch lag. Auf diese Paprikaschote hätte ich persönlich leicht verzichten können, zumal man sie eigentlich mit der Hand essen muß. In der deutschen Sterneküche wäre soetwas jedenfalls sehr ungewöhnlich – solange man nicht nobelhart und schmutzig heißt.

Aber kommen wir zum Hauptgang, der mich persönlich sehr erfreute. Es handelte sich um ein sous vide gegartes und dann angebratenes Stück vom Rindernacken. Mit auf dem Teller waren Varianten von der Schwarzwurzel, darunter ein “dekonstruiertes” und danach wieder zusammengebautes Stück Schwarzwurzel, das mit einem braunen Pulver ummantelt war und das damit aussah wie ein rohes Stück Schwarzwurzel. Außerdem gab es noch ein Gel sowie ganze Stücke von der dicken Bohne, ein dezentes Gel vom schwarzen Knoblauch und eine überaus leckere, klassische Sauce.

Ich sagte ja schon, dass mich dieser Gang sehr erfreute. Vor allem deshalb, weil der Nacken ein extrem geschmackvolles Stück vom Rind ist mit einer tollen Konsistenz. Allerdings ist dieses Fleisch auch eher fest, was vielleicht dazu führen könnte, dass der eine oder andere Gast ein Problem damit hat. Ansonsten zeichnete sich auch dieser Gang aus durch ein sehr harmonisches Geschmacksspektrum ohne jeden Störfaktor.

Damit waren wir bei den Desserts angelangt, deren zwei nun noch folgten. Das erste war ein Sauerrahm-Parfait unter etwas karamellisierter Glucose . mit etwas Cassis-Gel und direkt am Tisch angestreutes Purple Curry. Auch dieser Gang war sehr harmonisch und klar, ohne Chichi, prima.

Danach folgte noch ein recht intensives Zimtblüten-Sorbet mit einer hauchdünn aufgeschnittenen, meiner Ansicht nach eingelegten Nashi-Birne sowie einer für mich (ich bin kein großer “Süß-Esser”) zu großen und zu mächtigen Karamell-Schnitte und etwas Thymian, der es gerade noch schaffte, sich nicht zu sehr in den Vordergrund zu spielen. Der Schlingel.

Abgerundet wurde mein Abend durch drei leckere Pralinen von Erdbeere, Espresso und Thymian. Rundum glücklich, oder wie der Franke sagt: “sadd und dsufriedn” schritt ich von hinnen.

Wie mir Chefkoch Valentin Rottner im Gespräch verriet, strebt er mit seinem “Waidwerk” ganz klar einen Michelin-Stern an. Das finde ich zunächst mal schon alleine deshalb toll, weil unsere Region schon längst einen weiteren Stern verdient hätte. Ich traue es ihm und seinem Konzept auch absolut zu. Mit seinem klaren, aber auch harmonischen und weitestgehend schnörkelfreien Kochstil besetzt Valentin Rottner in der Region Nürnberg eine Nische, die bis dato unbewohnt war. Ich wünsche für den Stern alles Gute und drücke sämtliche Daumen!

 

2 Kommentare

  1. Ein netter Artikel über das Waidwerk. Ich habe das Restaurant vor kurzem zum ersten Mal besucht und war durchaus angetan von der Küche. Ob es zu einem Stern reicht, wird man sehen. Ich sehe das Restaurant noch knapp darunter.

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